Rückenmarkimplantat aus dem 3D-Drucker – Hoffnung für Querschnittsgelähmte?

Längst ist der 3D-Druck auch in der Medizin angekommen. Bisher wurde die revolutionäre Technik allerdings vorwiegend genutzt, um passgenaue Prothesen herzustellen. Inzwischen wagen sich Forscher in ganz andere Gebiete vor – und haben Erstaunliches zu berichten. Entgegen der bisherigen Annahme sind durchtrennte Nervenbahnen im Rückenmark sehr wohl regenerierbar – durch ein Rückenmarkimplantat aus dem 3D-Drucker.

Verfahren mit unzähligen Anwendungsgebieten

Wohl jeder hat schon mal fasziniert auf dem Bildschirm beobachtet, wie ein Objekt im 3D-Drucker entsteht. Bei der hoch spezialisierten Präzisionstechnik handelt es sich um ein additives Fertigungsverfahren, bei dem beliebige Objekte Schicht für Schicht dreidimensional aufgebaut werden. Als Vorlage dient ein digitales 3D-Bild, wie wir es aus der Computertomografie (CT) kennen.

Beste Voraussetzungen also, um den 3D-Druck auch in der Medizin zu nutzen – was in der Endoprothetik bereits überaus erfolgreich geschieht. Der große Vorteil: Die künstlichen Gelenke lassen sich optimal an den individuellen Knochenbau anpassen und versprechen beschwerdefreie Mobilität für den Patienten.

Forscher führen zerstörte Nervenbahnen im Rückenmark wieder zusammen

Doch auch die Anwendung in anderen medizinischen Bereichen ist alles andere als Zukunftsmusik. Das zeigten nun Forscher an der Universität von Kalifornien bei einem Tierversuch an Ratten. Ihnen gelang es, durchtrennte Nervenbahnen im Rückenmark zu regenerieren.

Dass zerstörte Nervenbahnen wieder zusammenwachsen können, ist an sich nichts Neues. Allerdings traf das bisher nur auf das periphere Nervensystem zu, das Gehirn und Rückenmark außen vor lässt – sie gehören zum zentralen Nervensystem. Hier gestaltet sich die Regeneration weitaus schwieriger. Denn bei Unfällen werden meist auch wichtige Gewebestrukturen verletzt, die den durchtrennten Nervenbahnen als Brücke dienen könnte, um wieder von allein zusammenzufinden.

Mediziner 3D-Druck
3D-Drucker und ein hergestelltes filigranes Objekt © xiaoliangge – stock.adobe.com

Bei dem Versuch entnahmen die Wissenschaftler Ratten ein Segment des Rückenmarks und ersetzten es durch ein Implantat aus dem Bioprinter. Das verwendete Rückenmarkimplantat für die Wirbelsäule ist mit zahlreichen Mikrokanälen durchsetzt, die die natürliche Funktion der zerstörten Leitkanäle übernehmen. Bei manchen Ratten wurden die Implantate zusätzlich mit Stammzellen besiedelt, die das Wachstum der Nervenzellen fördern sollten.

Was sich wie ein Wunder anhört, ist tatsächlich gelungen. Die Ratten zeigten einige Monate nach Einbringen des Implantats aus dem 3D-Drucker deutliche Fortschritte. Offenbar waren die durchtrennten Nervenbahnen wieder zusammengewachsen. Die Lähmungen gingen teilweise ganz zurück. Eine besonders gute Erfolgsquote zeigten Ratten, deren Implantat zuvor mit Stammzellen besiedelt war. Bestand das Rückenmarkimplantat aus dem 3D-Drucker hier noch teilweise aus Kunststoff, könnte es in Zukunft aus vollständig abbaubaren Materialien hergestellt sein.

Unser Rückenmark – reine Nervensache

Unser Rückenmark gleicht einer Datenautobahn, auf der millionenfach Informationen weitergegeben und ausgetauscht werden. Sind hier Nervenbahnen gekappt, hat der Körper unterhalb der geschädigten Stelle keinen Kontakt mehr zur Schaltzentrale Gehirn. Motorik und Sensibilität gehen verloren – es kommt zu einer Querschnittslähmung. Davon sind hierzulande rund 80.000 Menschen betroffen und jedes Jahr kommen weitere 1.500 hinzu.

Zwar befindet sich die Wiederherstellung von Motorik und Sensibilität bei Rückenmarksverletzungen noch in der Forschungsphase – doch lassen die Ergebnisse der Studie hoffen. Vielleicht können Menschen, die heute noch an den Rollstuhl gefesselt sind, irgendwann wieder die ersten Schritte in ein normales Leben wagen. Das werden erst klinische Studien ergeben.

Technik der Zukunft

Die medizinische Forschung schreitet mit schwindelerregender Geschwindigkeit fort. Schon heute lassen sich mit einem 3D-Bioprinter organische Substanzen drucken. Wer weiß, vielleicht kommt bald der Tag, an dem auch funktionstüchtige Organe im 3D-Drucker entstehen. Irgendwie ein faszinierender Gedanke – dann heißt es vielleicht: „Ich druck mir mal eben ’ne Leber“…


von Die Redaktion. 21.01.2019