Spondylitis


Unter der Spondylitis versteht man die entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule. Die Entzündung greift hierbei sekundär auf die Bandscheibe über. Der Unterschied zur Spondylodiszitis besteht darin, dass primär die Bandscheibe von einem Erreger befallen wird und sich die Entzündung dann auf die benachbarten Wirbelkörper ausbreitet. Da bei der Diagnosestellung, die durchschnittlich zwei bis sechs Monate nach dem Auftreten erster Beschwerden erfolgt, die Wirbelkörper und Bandscheiben bereits entzündliche Veränderungen zeigen, sodass der Infektionsherd nicht mehr nachzuvollziehen ist, werden die Begriffe Spondylitis und Spondylodiszitis auch synonym verwendet.

 

 

Definition: Spondylitis und Spondylodiszitis

Die Spondylitis ist die Entzündung und die damit einhergehende Veränderung der Wirbelkörper. Die Spondylodiszitis ist die Entzündung der Zwischenwirbelräume mit den Bandscheiben. Von dort breitet sich die Infektion auf die Wirbelkörperabschlussplatten aus. Damit handelt es sich bei der Spondylodiszitis um eine kombinierte, meist bakterielle Entzündung eines oder mehrerer Wirbelkörper (Spondylitis) und der benachbarten Bandscheibe(n) (Diszitis).

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Sonderformen

In den meisten Fällen handelt es sich um eine bakteriell bedingte Entzündung der Wirbelkörper. Als Sonderform tritt diese vor allem als Knochenmarkentzündung (Osteomyelitis) auf. Bei Patienten, die an einer Tuberkulose oder Brucellose erkrankt sind, können die Erreger in die Wirbelkörper gelangen und diese infizieren. Diese können eine sogenannte Spondylitis tuberculos, bzw. brucellosa verursachen. Unter der Krankheitsbezeichnung Spondylitis ankylosans versteht man die chronisch-entzündliche rheumatische Erkrankung der Wirbel bzw. Wirbelsäule. Umgangssprachlich wird diese Erkrankung, bei welcher die Ursachen noch nicht genau erforscht sind, auch als Morbus Bechterew bezeichnet.

Häufigkeit der Spondylitis

Infektiöse Erkrankungen an der Wirbelsäule sind sehr selten. Innerhalb Europas treten im Jahr etwa 5 bis 22 Neuerkrankungen (Inzidenz) pro 1.000.000 Menschen auf. Der Anteil der Spondylitis und Spondylodiszitis an allen infektiösen Erkrankungen der Knochen und Wirbelsäule beträgt gerade einmal zwei bis vier Prozent.

Ein Problem der Spondylitis und Spondylodiszitis ist jedoch, dass die Diagnosestellung sehr komplex ist. Die Erkrankung wird oft zu spät erkannt und behandelt. Die Spondylitis / Spondylodiszitis kann sehr schwerwiegende Symptome verursachen und sogar lebensgefährlich sein. Die Klinikletalität, das heißt die Sterblichkeit von Betroffenen während des Klinikaufenthalts, liegt zwischen zwei bis 17 Prozent. Die Klinikletalität ist jedoch stark abhängig von den hygienischen Umständen. In Europa geht man von einer Klinikletalität von unter fünf Prozent aus.

Die Inzidenz der Spondylitis und Spondylodiszitis nimmt aufgrund verschiedener Ursachen in den westlichen Industrienationen zu. Zu den Gründen gehören:

  • Aids-Epidemie
  • steigende Anzahl an Drogenabhängigen
  • Wiederauftreten der Tuberkulose
  • zunehmende Anzahl an immunsupprimierten Patienten

Ursachen von Spondylitis & Spondylodiszitis

Entsprechend der verschiedenen Formen der Spondylitis unterscheiden sich auch die Ursachen für das Auftreten dieser Erkrankung an der Wirbelsäule. Die Spondylitis kann durch Bakterien, Pilze, Viren oder Parasiten verursacht werden. Parasiten sind jedoch nur in sehr seltenen Fällen der Grund für eine Spondylitis. Häufig können die Erreger jedoch nicht nachgewiesen werden, sodass die Ursache der Spondylitis ungeklärt bleibt. Am häufigsten handelt es sich um eine bakterielle infektiöse Spondylitis. Je nach bakteriellem Erreger wird zwischen einer spezifischen und unspezifischen Spondylitis unterschieden. Das Bakterium, das am häufigsten Verursacher dieser Erkrankung ist, wird Staphylococcus aureus genannt.

In manchen Fällen kann es vorkommen, dass Infekte der Harnwege oder Entzündungen der Zahnwurzeln sowie medizinische Behandlungen wie Operationen und Implantationen eine Spondylitis hervorrufen können. Hierbei gelangt das Bakterium in die Blutbahn und heftet sich in der Folge an die Wirbel und die Bandscheiben und verursacht die Entzündung bzw. die Spondylitis.

Prädispositionen – Empfänglichkeit für die Erkrankung

Unter einer Disposition oder Prädisposition wird in der Medizin die Veranlagung, Bereitschaft oder Anfälligkeit des menschlichen Organismus zu einer bestimmten Krankheit verstanden. Prädisponierende Faktoren sind beispielsweise genetischer Art oder andere Erkrankungen und Lebensgewohnheiten. Für die Spondylitis können unter anderem

  • Diabetes Mellitus (Zuckerkrankheit),
  • Alkoholismus,
  • immunsuppressive Medikamente
  • HIV und
  • Adiposita

genannt werden.

Symptome bei der Spondylitis / Spondylodiszitis

Die Symptome bei einer Spondylitis sind sehr unterschiedlich und reichen von einem nahezu unauffälligen Verlauf bis zu einem schweren septischen Krankheitsbild. In der Anfangsphase, in der eine Spondylitis ohnehin meist unentdeckt bleibt, gehen keine Beschwerden mit der Erkrankung an der Wirbelsäule einher. Nach einer kurzen beschwerdefreien Phase verschlimmern sich jedoch die Schmerzen und nehmen stetig an dem betroffenen Abschnitt der Hals-, Brust- oder Lendenwirbelsäule zu.

Ist die Halswirbelsäule betroffen, kommt es vor, dass die Schmerzen bis in die Arme und den Hals ausstrahlen. Patienten, bei denen die Lendenwirbelsäule erkrankt ist, klagen in manchen Fällen auch über ausstrahlende Schmerzen bis in die Beine.

In sehr seltenen Fällen werden durch die Spondylitis auch Schmerzen im Bauch oder in der Brust hervorgerufen. Da es sich hierbei aber um sehr untypische Symptome bzw. Schmerzen bei Spondylitis handelt, kommt es in diesen seltenen Fällen häufig zu einer starken Verzögerung der Diagnosestellung.

Bei einer bakteriellen Spondylitis / Spondylodiszitis, der am häufigsten auftretenden Form dieser Erkrankung, können neben sehr starken Schmerzen im Rücken in dem entsprechenden Wirbelsäulenabschnitt auch Symptome wie

  • Fieber,
  • Abgeschlagenheit und
  • Gliederschmerzen

auftreten.

Diese Symptome können von erhöhten Entzündungswerten begleitet sein. Außerdem ist die Wirbelsäule in ihrer Beweglichkeit erheblich eingeschränkt. Das gilt besonders dann, wenn starke Schmerzen auftreten. Seltene Symptome der Spondylitis sind

  • radikuläre Beschwerden,
  • neurologische Defizite und
  • Lähmungen.

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Diagnose der Spondylitis / Spondylodiszitis

Die Symptome der Spondylitis / Spondylodiszitis sind uncharakteristisch, sodass eine eindeutige Diagnose in der Regel recht verzögert gestellt wird. Etwa Zweidrittel der betroffenen Patienten haben bei der Diagnosestellung im Durchschnitt bereits drei Monate Beschwerden. Diese Verzögerung der Diagnosestellung ist ein erhebliches Problem der Diagnostik an sich und der Therapie bei der Spondylitis / Spondylodiszitis. Denn je später die Spondylitis diagnostiziert wird, desto wahrscheinlicher sind die fortschreitende Destruktion der Wirbelkörper und das Auftreten von neurologischen Störungen oder Fehlstellungen der Wirbelsäule.

X1300065 NevitSpondylitis durch Brucellose

Die ärztliche Untersuchung umfasst neben einem ausführlichen Anamnesegespräch und einer körperlichen Untersuchung, mit welcher lokale Veränderungen festgestellt werden können, auch die neurologische Untersuchung.

Des Weiteren wird eine laborchemische Untersuchung vorgenommen. Kontrolliert werden

  • die Leukozyten,
  • das C-reaktive Protein (CRP) sowie
  • die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG).

Bei einer akuten Spondylitis ist eine erhebliche Erhöhung des Entzündungsparameters und der Blutsenkungsgeschwindigkeit festzustellen. Bei einem chronischen Verlauf der Spondylitis zeigen sich hingegen nur grenzwertige bis leicht erhöhte Werte. Der Leukozyten-Wert ist nicht zwangsläufig erhöht. Die Erhöhung des C-reaktiven Proteins hingegen kann als typisch bei der Spondylitis betrachtet werden.

Bei anhaltenden Beschwerden und Schmerzen an der Wirbelsäule werden immer auch bildgebende Verfahren zur Diagnosestellung hinzugezogen. Bei unklaren Schmerzen an der Wirbelsäule, wie es auch bei einer Spondylitis vorkommen kann, werden in der Regel konventionelle Röntgenaufnahmen gemacht. Um jedoch eine Spondylitis/ Spondylodiszitis feststellen zu können, ist die Magnetresonanztomographie (MRT) die Methode der Wahl. Denn mithilfe der Magnetresonanztomographie kann die gesamte Wirbelsäule in ihrer Länge sowie andere Infektionen erfasst werden. Es kann zudem abgeschätzt werden, wie weit die Spondylitis schon fortgeschritten ist.

Behandlung der Spondylitis / Spondylodiszitis

Die Behandlung der Spondylitis oder Spondylodiszitis hängt von folgenden Faktoren ab:

  • Fortschritt der Schäden an der Wirbelsäule
  • Erhöhung der Entzündungswerte
  • Aufgetretene Lähmungen

Grundsätzlich wird versucht, eine Operation an der Wirbelsäule zu vermeiden und die Spondylitis konservativ zu behandeln. In der Regel gilt, dass die Spondylitis konservativ behandelbar ist, wenn

  • die Weichteile wie Bandscheiben nur wenig betroffen sind,
  • keine neurologischen Ausfallerscheinungen vorliegen,
  • der Spinalkanal nicht betroffen ist sowie
  • eine nur minimale Dekonstruktion der Knochen diagnostiziert wird.

Ein wesentliches Element der Behandlung der Spondylitis ist die erregerspezifische Therapie mit Antibiotika, um die Entzündung einzudämmen. In dem Fall, dass der Erreger laborchemisch nicht nachgewiesen werden konnte, erfolgt eine Antibiose mit breitem Spektrum. Das Antibiotikum sollte keinesfalls zu früh abgesetzt werden. Das weitere Vorgehen wird kontrovers diskutiert. Der größte Konsens besteht jedoch darin, dass neben einer konsequenten Antibiotikatherapie die Wirbelsäule für sechs bis acht Wochen ruhiggestellt wird. Anschließend erfolgt die Mobilisation der Wirbelsäule mithilfe eines Korsetts.

Zu den Risiken und Komplikationen der Spondylitis / Spondylodiszitis gehören unter anderem

  • eine zunehmende, sogenannte kyphotische Deformität,
  • eine Instabilität des erkrankten Wirbelsäulenabschnitts,
  • chronische Schmerzen sowie
  • neurologische Ausfälle.

Treten diese oder andere Komplikationen im Rahmen einer konservativen Behandlung von Spondylitis auf, muss ein operativer Eingriff in Betracht gezogen werden.

 

Vorbeugung bei der Spondylitis / Spondylodiszitis

Einer Spondylitis oder einer Spondylodiszitis lässt sich relativ schwer vorbeugen. Dennoch gibt es einige Faktoren, die beachtet werden sollen, um das Risiko, an einer Spondylitis zu erkranken, zu verringern.

Prädispositionsfaktoren bei Spondylitis vermeiden

Prädisponierende Faktoren der Spondylitis sind verschiedener Art. Nicht alle, wie zum Beispiel die Faktoren genetischer Art, können durch eine bestimmte Lebensweise etc. reduziert werden. Zu den Prädispositionsfaktoren gehören

  • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit),
  • Alkoholismus,
  • Niereninsuffizienz,
  • Adipositas,
  • Tumoren,
  • Tuberkulose,
  • Drogenabhängigkeit,
  • Herz- und Kreislauferkrankungen sowie
  • HIV.

Patienten dieser Erkrankungen weisen ein höheres Risiko auf, an einer Spondylitis zu erkranken. Aus diesem Grund sollten die Erkrankungen bzw. Infektionen wie Tuberkulose frühzeitig erkannt und adäquat behandelt werden, damit eine Spondylitis gar nicht erst entsteht. Damit kann einer Spondylitis vor allem durch eine konsequente Therapie dieser Erkrankungen vorgebeugt werden.

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Im Prinzip können Menschen aller Altersgruppen an der Spondylitis / Spondylodiszitis erkranken. Am häufigsten tritt die Erkrankung jedoch bei Männern zwischen 50 und 70 Jahren auf. Männer dieses Alters mit entsprechenden Vorerkrankungen gehören damit zur Risikogruppe. Vor allem bei therapieresistenten Schmerzen im Nacken und im Rücken sowie erhöhten Entzündungswerten sollte die Spondylitis / Spondylodiszitis in Betracht gezogen werden.